In einem ungewöhnlichen Schritt wendet sich der künftige US-Präsident an den Obersten Gerichtshof. Dieser soll das für den 19. Januar anvisierte Verbot von TikTok aufschieben. Die Richter wollen am 10. Januar über einen Antrag von TikTok entscheiden. Trump könnte ein Verbot verhindern, allerdings tritt er erst am 20. Januar sein Amt an.
In dem 25-seitigen Schreiben vom 27.12.2024 an den Obersten Gerichtshof heißt es: „Präsident Trump lehnt ein Verbot von TikTok in den Vereinigten Staaten zum jetzigen Zeitpunkt ab und strebt die Möglichkeit an, die anstehenden Probleme nach seinem Amtsantritt auf politischem Wege zu lösen.“
Trump hatte während und auch nach dem Wahlkampf mehrfach geäußert, ein TikTok-Verbot in den USA zu verhindern. Vor allem seine Äußerungen nach der Wahl legen nahe, dass dies vor allem auch deshalb geschieht, weil die Trump Kampagne zur Wahl auf der Plattform erfolgreich war.
Im Jahr 2020 hatte Trump noch selbst versucht, die Plattform in den USA zu verbieten.
Nun sieht er in ihr ein Gegengewicht, vor allem gegen Meta, dessen Chef Mark Zuckerberg er im Wahlkampf gar mit Gefängnis drohte (SPIEGEL). Zuckerberg hatte – wie auch andere Tech-CEOs – zuletzt eine Millionensumme an Trump gespendet (SPIEGEL).
Sowohl die kommende Trump-Regierung als auch TikTok berufen sich zur Verteidigung gegen das von der Biden-Administration erlassene Verbot auf die Meinungsfreiheit; gedeckt durch den 1. Verfassungszusatz der USA.
Trumps Schreiben an den Obersten Gerichtshof bezieht keine rechtliche Stellung. Über diese soll das Gericht am 10. Januar abstimmen – TikTok hatte vor Weihnachten einen entsprechenden Antrag eingebracht, der auch darum bat, bis zu einer finalen Entscheidung einen Aufschub des Verbots zu erwirken.
Trumps Schreiben hebt mehrfach die Expertise seiner eigenen Person und Administration hervor: „Nur Präsident Trump verfügt über die überragende Expertise im Deal-Making, das Wählermandat und den politischen Willen, eine Lösung auszuhandeln, die die Plattform rettet und gleichzeitig die von der Regierung geäußerten nationalen Sicherheitsbedenken berücksichtigt – Bedenken, die Präsident Trump selbst anerkannt hat“.
Trump verfüge, so der Brief weiter, über besondere Kenntnisse sowohl der sozialen Medien im Allgemeinen als auch TikToks im Besonderen. Und weiter: „Präsident Trump ist einer der mächtigsten, produktivsten und einflussreichsten Nutzer sozialer Medien in der Geschichte [mit] derzeit 14,7 Millionen Follower auf TikTok, mit denen er aktiv kommuniziert, was ihm ermöglicht, die Bedeutung von TikTok als einzigartiges Medium für die Meinungsfreiheit, einschließlich politischer Kernaussagen, zu bewerten.“
In einem am selben Tag eingereichten Schriftsatz von TikTok an das Gericht, betont das Unternehmen erneut, dass die Anwendung des Gesetzes den ersten Verfassungszusatz verletze, indem es auf Grundlage bloßer Spekulationen über potenzielle chinesische Bedrohungen der nationalen Sicherheit die Meinungsfreiheit der US-amerikanischen Nutzer unterdrücke: „Der beispiellose Versuch des Kongresses, die Antragsteller herauszugreifen und ihnen den Betrieb eines der bedeutendsten Foren für Meinungsäußerung der Nation zu untersagen, ist zutiefst verfassungswidrig“, heißt es in dem Schreiben.
Die Verhandlung am 10. Januar vor dem Obersten Gerichtshof ist die letzte Chance TikToks ein Verbot in den USA ohne Hilfe des kommenden Präsidenten Donald Trump abzuwenden.
Zuvor hatte bereits der U.S. Court of Appeals des District of Columbia die Klage TikToks gegen das Gesetz abgelehnt. Die Richter sahen das Gesetz als legitim an und wies die Klage ab.
Das Gesetz zum Verbot von TikTok würde am 19. Januar in Kraft treten. Donald Trump wird am 20. Januar vereidigt. Ein „unglückliches Timing“, formuliert es das Schreiben Trump in seinem Brief.
Trump hatte sich indes vor Weihnachten (BBC) auch mit dem TikTok-CEO Shou Zi Chew getroffen.
Auch am 20. Januar hätte Donald Trump indes noch ein paar Möglichkeiten, die App zu retten.
Diese habe ich Anfang November hier zusammengetragen: Donald Trump im Weißen Haus: Ist TikToks Zukunft in den USA jetzt sicher?
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Quellen: Schreiben von Donald Trump (PDF), Schreiben von TikTok (PDF), New York Times