sieben:30 ist dein Social Media Briefing: 3 Links in einer Minute, Montag bis Freitag Morgen. Kostenlos abonnieren.

Deep Dive

Zusammenfassung: Das TikTok Verbot in den USA ist noch nicht vom Tisch, doch die Chancen für einen Verbleib der App sind mit dem Wahlsieg von Donald Trump deutlich gestiegen. Welche Möglichkeiten es gibt.

Seit 2020 schwellt die Diskussion um ein TikTok Verbot in den USA.
Dereinst wollte Donald Trump den Dienst des chinesischen Unternehmens ByteDance unter amerikanische Kontrolle bringen. Seine Vorstellung: TikTok solle von einem US-amerikanischen Unternehmen betrieben werden. Seitdem lagern diverse Datenbestände von US-Nutzern auf Servern von Oracle.

Nach der Übernahme der Biden-Regierung lagen die Pläne still. Bis sie Anfang des Jahres wieder Fahrt aufnahmen. Diesmal ging es neben dem Datenschutz um US-Bürger auch um Befürchtungen, dass sich die Algorithmen der App in die Meinungsbildung der US-Amerikaner einmischen könnten (“potential influence of foreign adversaries on the American public„).

Was ist die Lage für TikTok?

Im April diesen Jahres einigten sich Republikaner und Demokraten auf ein „TikTok-Verbot“. Nachdem man im März mit einem ersten Vorstoß gescheitert war, korrigierte man die Vorlage leicht und „schmuggelte“ sie gemeinsam mit einem Hilfe-Beschluss für die Ukraine in die gesetzgebenden Organe. Das Repräsentantenhaus verabschiedete den Vorschlag schließlich am 20.04, am 22.04 ging er durch den Senat und am 23.04 unterzeichnete ihn Joe Biden.

Laut dem Gesetz muss ByteDance seine App bis Januar an einen amerikanischen Investor verkaufen – ansonsten drohten Konsequenzen.

Diesmal jedoch stellte sich Donald Trump gegen das Vorhaben.

TikTok hat seit März mehrere Verteidigungsstrategien. Man versucht Nutzer zu mobilisieren. Vor Gericht wehrt man sich seit September. Und irgendwo hoffte man vielleicht auch auf das Ergebnis, dass Trump nun zurück ins Weiße Haus bringt.
Auf der anderen Seite hagelt es seitdem aus mindestens 14 US-Staaten auch zusätzliche Klagen. Immer im Mittelpunkt: der Schutz von Kindern.

Warum Donald Trump das Verbot, dass von ihm vor 4 Jahren ins Spiel gebracht wurde, nun aufhalten will ist unklar. Eventuell liegt es daran, dass der Milliardär Jeff Yass manche Großspende an Trump überwiesen hat und in TikTok investiert ist.
Zum anderen ist da Trumps Abneigung gegen Mark Zuckerberg. In TikTok sieht er trotz „America First“-Kampagne ein gutes Gegengewicht. Zumindest das könnte aber Trumps neuster Lieblingsfreund Elon Musk korrigieren …

Während seines Wahlkampfs zumindest betonte Donalds Trump bis zuletzt, er werde TikTok retten.
Die Frist an ByteDance, TikTok zu verkaufen endet am 19. Januar – einen Tag vor der Amtsübernahme von Donald Trump.

Das Gesetz sieht vor, dass App-Store-Anbieter wie Apple und Google von Alphabet TikTok aus ihren US-App-Stores zu entfernen haben. Anbieter von Webdiensten, die Hosting oder Datenverkehr abdecken – wie aktuell Oracle – könnten bestraft werden.

Wie kann Trump also ein „TikTok Verbot“ verhindern?

Aufheben kann das Gesetz eigentlich nur der Kongress.
Dass der entsprechendes tut ist unwahrscheinlich, denn das Gesetz findet auch seine Anhänger bei den Republikanern: „Jahrelang haben wir der Kommunistischen Partei Chinas erlaubt, eine der beliebtesten Apps Amerikas zu kontrollieren, und das war gefährlich kurzsichtig„, erzählte Senator Marco Rubio, der führende Republikaner im Geheimdienstausschuss, im April der Presse. Und: „Ein neues Gesetz wird den chinesischen Eigentümer zwingen, die App zu verkaufen. Das ist gut für Amerika.

Doch Trump hat ein paar Möglichkeiten.

Eine Möglichkeit wäre, dass die neue Regierung das Verbot einfach ignoriert und nicht durchsetzt. Trump könnte das Justizministerium hierfür anweisen, nicht gegen Bytedance, verteilende App-Shops (wie Apple und Google) und Nutzer vorzugehen.

Eine zweite Möglichkeit die Nutzung einer Lücke.
Grundsätzlich richtet sich das Gesetz nicht konkret nur gegen TikTok, sondern gegen ausländische Dienste und Angebote. Diese dürfen nicht angeboten, gewartet oder verbreitet werden, wenn sie nicht von einem ausländischen Betreiber „kontrolliert“ werden. Und weiter heißt es: Unternehmen, die „eine vom Präsidenten festgelegte qualifizierte Veräußerung“ vorgenommen haben, sind davon jedoch nicht betroffen.

Trump könnte also einfach festlegen, dass die bereits aktiven inländischen Investoren wie Jeff Yass schlichtweg genug sind, um TikTok weiterhin in den USA betreiben zu dürfen.
Zwar legt das Gesetz auch fest, was „qualifiziert“ eigentlich meint – aber wer sollte gegen einen Beschluss klagen? Im Gesetz ist nicht definiert, dass jemand die Qualifizierung des Präsidenten anfechten könnte – und das eigene Justizministerium wird es sicherlich nicht sein.

Nicht zuletzt könnte er auch einfach ein Dekret erlassen. Das käme beim Kongress nicht gut an – letztlich aber ist es in den USA ein legitimes Mittel des Präsidenten, um Entscheidungen des Vorgängers zu revidieren. Auf der anderen Seite würde Trump dann nicht nur TikTok die Tür wieder öffnen, sondern auch anderen chinesischen Diensten – fraglich, ob er das in all seiner Konsequenz machen will.

Zuletzt aber ist da auch noch die laufende Gerichtsverhandlung, in der ByteDance sich in der Auseinandersetzung mit der US-Regierung gegen das Verbot stemmt. Dabei fußt man die eigene Strategie vor allem auf der Redefreiheit, die das Verbot verletzen würde. Mit der Argumentation hatte der Konzern schon gegen Trump in 2020 Erfolg. Und weil die App zudem zu 60 % in den Händen von westlichen Investoren liege, sei China auch gar keine Gefahr.

UPDATE 06.12.2024: Das Gericht hat die Klage von Bytedance abgelehnt. Als nächstes könnte TikTok den Obersten Gerichtshof (Supreme Court) anrufen, der den Fall jedoch nicht annehmen muss.

Bis Januar werden wir wohl erstmal noch nicht erfahren, wie es nun weiter geht.
Die Gefahr für TikTok, tatsächlich in den USA verboten zu werden, ist am Mittwoch jedoch um einiges gesunken – sofern Trump seinen Äußerungen aus den letzten Monaten treu bleibt.

Die Mehrheit der Amerikaner hätte Trump übrigens auf seiner Seite. Waren im März 2023 noch 50 % in Umfragen für ein TikTok-Verbot, sind es im September 2024 zuletzt nur noch 32% gewesen.

TikTok zwei weltweit rund 2 Milliarden Nutzer:innen. In den USA kommt die App auf ca. 170 Millionen.

Geschrieben am 06.11.2024, aktualisiert am 07.11.2024 unter anderem mit Material von New York Times, SCMP, Fast Company, Forbes und Business Insider ergänzt. Aktualisiert am 07.12.2024 sichtbar im Text.

Deine Anmeldung konnte nicht gespeichert werden. Bitte versuche es erneut.
Deine Anmeldung war erfolgreich. Bitte prüfen deinen Posteingang.

Keine Meldung verpassen!

Jetzt anmelden und jeden Morgen die drei wichtigsten Social Media-Meldungen im Postfach haben. Montag bis Freitag, 7:30 Uhr, kostenlos & jederzeit kündbar. (Datenschutz)